Newsletter 8/2015

Jüdisches Museum Wien: Lessing zeigt Lessing

Die Bilder des österreichischen Fotografen Erich Lessing gingen um die Welt. Sein legendäres Foto anlässlich des österreichischen Staatsvertrages mit Leopold Figl und den alliierten Außenministern auf dem Balkon des Belvedere wurde zu einer Ikone des neuen Österreich. Lessing erlebte als jüdisches Kind die Verfolgung und Deportation seiner Familie aus Wien, ihm selbst gelangte die Flucht nach Palästina. Er begann als Fotograf zu arbeiten, und nach seiner Rückkehr nach Österreich wurde er 1947  Fotoreporter bei Associated Press, Mitglied bei Magnum Photos und 1956 zum fotografischen Chronisten des ungarischen Volksaufstandes.
Zum Schwerpunkt 1945/2015, des Jüdischen Museums Wien (Judenplatz 8, 1010 Wien), hat Hannah Lessing, Generalsekretärin des Österreichischen Nationalfonds, eine sehr persönliche Aus-wahl von Bildern ihres Vaters getroffen und zeigt im Museum Ju-denplatz einen spannenden Querschnitt aus den wichtigsten Aspekten des Oeuvres von Erich Lessing. Die Ausstellung wird kuratiert von Danielle Spera und ist bis zum 6. September 2015 von Sonntag bis Donnerstag zwischen 10 und 18 Uhr, an den Freitagen von 10 bis 17 Uhr geöffnet.

Erich Lessing: Anderswo. Herausgegeben von Thomas Reche. CHF 44.00 / EUR 39.80. ISBN 978-3-907142-98-1

Grenzgängerstipendium für Amélie Losier

Amélie Losier (*1978 in Versailles, Frankreich) hat Anfang des Jahres das Grenzgänger-Stipendium der Robert Bosch Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Literarischen Colloquium Berlin erhalten, um ihre fotografische Arbeit über Frauen in Ägypten fertigstellen zu können.

Das spannende Projekt versucht, die Rolle der Frau im modernen Ägypten zu thematisieren, insbesondere Veränderungen durch den Arabischen Frühling 2011. Seitdem weist die Bevölkerung laut und deutlich auf Verletzungen von Menschen- und vor allem Frauen-rechten hin. Amélie Losier fotografiert und interviewt ägyptische Frauen verschiedener Religion, Ausbildung und sozioökonomi-schem Statuts, um eine mögliche Antwort auf die Frage zu finden: was bedeutet es, eine Frau in Ägypten zu sein? Nach der erfolgreichen Publikation von Amélie Losiers Bidlband «Just like a woman» wird die Dokumentation von Losiers Arbeit in Ägypten im kommenden Frühjahr bei NIMBUS erscheinen.

Amélie Losier: Just like a woman. New York. CHF 34.00 / EUR 29.80. ISBN 978-3-901742-39-4

Helen Hessel-Vorträge mit Herausgeberin Mila Ganeva (Ohio, USA) in Paris, Berlin und München

Die Herausgeberin des Bandes «Ich schreibe aus Paris» Mila Ganeva, wird in Berlin, Paris und München Vorträge über Helen Hessel und die Hintergründe ihrer Pariser Zeit halten. Helen Hessel schreib zwischen 1921 und 1938 als Korrespondentin deutscher Zeitungen und Zeitschriften über das Verhältnis der Mode zu den Wandlungen weiblicher Selbstdefinition, samt den Unterschieden, die sich dabei zwischen Frankreich und Deutschland zeigten. Ihre Tätigkeit wurde bald auch von dem Bruch des Jahres 1933 geprägt; zunächst konnte sie noch weiter publizieren; nach 1937 schwand diese Möglichkeit zusehends; ihre letzten Texte erschienen 1938 in der einstigen Ullstein-Zeitschrift Die Dame
Am Montag, den 15. Juni werden Ganeva und Hessel-Experte Manfred Flügge um 19 Uhr im Goethe-Institut Paris, (17 avenue d'Iéna) einen Vortrag halten. Der Eintritt ist frei, doch es empfiehlt sich eine Platzreservierung unter Tel +33 144439 230.
Am Mittwoch, den 17. Juni spricht Mila Ganneva um 18 Uhr im Vortragssaal des Kulturforums der Staatlichen Museen Berlin (Matthäikirchplatz). Der Vortrag findet in der von der Sammlung Modebild der Lipperheidschen Kostümbibliothek durchgeführten Veranstaltungsreihe «MODE Thema MODE» statt. Julia Knapp wird das Referat mit kurzen Lesungen aus den Feuilletons von Helen Hessel umrahmen.
Wegen zweier Vorträge in der Münchner Meisterschule für Mode 1935 und 1936, in denen Helen Hessel vom selbstverständlichen und unbestrittenen Vorrang der französischen Mode gegenüber der deutschen sprach, geriet sie ins Visier der Nationalsozialisten. Nun kommen Ihre Texte über Mode, Frankreich, Deutschland und das Geschlechterverständnis wieder in die Isarstadt zurück: Am Donnerstag, den 18. Juni werden Mila Ganeva und Manfred Flügge bei Literatur Moths direkt am Isartor (Rumfordstr. 48, München) um 19.30 Uhr über Helen Hessel berichten und aus ihren Texten lesen. Beim anschließenden Apéro werden sie Rede und Antwort zur Familie Hessel stehen. Vortrag und Apéro kosten 12, ermässigt 10 Euro Eintritt.

Helen Hessel: Ich schreibe aus Paris. Über die Mode, das Leben und die Liebe. Herausgegeben von Mila Ganvea. Mit einem Nachwort von Manfred Flügge. CHF 39.80 / EUR 36. ISBN 978-3-03850-003-2

Wahnwelt-Ausstellung in Zürich

ART DOCK Zürich, ein Trägerverein zur Förderung von Schweizer Künstlern und deren Nachlässen zeigt in der Ausstellung «Wahnwelt Wellen 1955-2015» alles Weiterbeben, alle Ausflüsse und Ablagerungen der Wahn-Welten bis in die Gegenwart. Mit Beiträgen von über 60 Zürcher Künstlern und vielen Zugvögeln, darunter auch Werken von Bruno Heller (1925-2014).

Bruno Heller ging es nicht um dekorative Wirkungen, sondern um Zeitgenossenschaft. Wohl wissend, daß die Technisierung der Welt, die atomare Bedrohung oder die Zerstörung der Umwelt nicht in direkten Abbildern fassbar sind, war er auf der Suche nach einer Formensprache, die sich zumindest keinen Mangel an Einbildungs-kraft nachsagen lassen muss. Gleichgültig, ob man sich dem katastrophischen Bewusstsein stellen mag oder nicht – Hellers Arbeiten sind faszinierende Dokumente eines kompromisslosen Ausdruckswillens jenseits aller modischen Schemata. Mit dem Aufkommen des Xeroxkopierers in den 1970er Jahren entwickelte er eine eigene Technik der Transparentmontage, die ihm erlaubte, in mehrstufigen Verfahren luzide neue Strukturen und Räume zu kreieren. Den Ritualen des Kunstbetriebs gänzlich abgeneigt und einem rastlosen Produzieren völlig ergeben, schuf Heller ein umfangreiches Werk, das jedoch nur wenigen Eingeweihten und Freunden bekannt ist. NIMBUS legte mit dem Band «Transparentmontagen» die bisher einzige Publikation zu diesem aussergewöhlichen Künstler vor.
Die Vernissage findet am 4. Juni um 18 Uhr statt. Regierungs-rätin Jaqueline Fehr wird ein Grusswort sprechen. Vom 5. Juni bis 6. September kann die Ausstellung von Montag bis Freitag zwischen 13 und 19 Uhr, Samstag und Sonntag von 10 bis 17 Uhr besichtigt werden. 

Bruno Heller: Transparentmontagen. CHF 39.80 / EUR 36.00. ISBN 978-3-907142-36-3