Die Erfüllung der Wünsche

Die Erfüllung der Wünsche

Eine Übung

Roman

144 Seiten


Leinen mit Schutzumschlag

ISBN 978-3-907142-92-9

Leseprobe:

«Von ihrer Kanzel herab erfragt eine kurze kräftige Frau mit Marktschreierstimme die persönlichen Daten der Bittsteller. Ausweis, Versicherungs-karte, Kostenübernahme der Kasse, Vorerkrankungen, Implantate, Kunstorgane, Angehörige, Vornamen bitte und Telefon, ist der Besuch eines Pfarrers gewünscht, darf der Pförtner Auskunft geben, werden gegebenenfalls Organe gespendet, und hier bitte unterschreiben, aber kräftig, der Durchschlag, und da. Nein, ich möchte meine Organe jetzt noch nicht verschenken, auch nicht meinen Leib der Forschung oder Studenten zum Üben vermachen. Ich wäre gern ein besserer Mensch, aber an diesem Morgen will mir weder Vertrauen noch Großmut gelingen.»

Kerstin Kempker: Die Erfüllung der Wünsche. Eine Übung

 

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Von der Erfüllung der Wünsche unter klinischen Bedingungen, von Aufruhr und Stille, tröstlicher Bosheit und reiner Liebe (wenn man so will)

Im Zentrum hockt wie die schwarze Spinne der Krebs. Ein Wort, das die Erzählerin selbst nicht in den Mund nimmt. Statt den Befundbrief zu öffnen und mit leeren Händen und leerem Kopf vor ihrem Schicksal zu stehen, wappnet sie sich und spielt die Sache erst einmal durch. Als Vorhut und Puffer schickt sie Zwischenerzähler ins Feld, die die Lage im Klinikum Moribundes nicht nur sondieren, sondern revoltieren; eine Mobilmachung der Passiven gegen organisierte Kräfte in einem weißen Krieg und einem hermetischen Körper. Denn beim nächsten Mal, soviel ist sicher, wird sie es sein, die die Fäden in der Hand hält.

Zwei Männer, frisch operiert, treffen im Aufwachsaal aufeinander. Kajna – als Strafrichter zu beherrschen gewohnt, von den Ärzten nicht mehr zu retten – bittet den Jüngeren in einer Erbschaftssache um Hilfe. Der fordert seinem Richter Erklärungen ab, deckt Machenschaften auf, findet Leichen im Keller und trifft in der Nacht, es schneit und schneit, auf der Raucherinsel am Hubschrauberlandeplatz die Kahle von Station drei, mit der er den Bau umwandert, eine Pritsche teilt und den Aufstand der Bettlägerigen plant. Aus still Leidenden werden vitale Spezialisten, Machtverhältnisse verschieben sich, Mattigkeit gleitet unbemannt über die Flure.

Die Kahle von Station drei erzählt ihrer Bettnachbarin, einem Mädchen im vermeintlichen Wachkoma, Nacht für Nacht vom wütenden Wirbeln im Krankenhaus zur Erfüllung der Wünsche. Sie erzählt ihr auch von der anderen Kahlen, die wie ihr eigener Schatten im verblichenen Hotelbademantel ruhelos den Flur auf und ab wandert und laut mit den Bösen verhandelt. Sie weiß nicht, ob sie wirklich gehört wird.

Prolog und Epilog im Aufwachsaal dichten die Geschichte ab und zurren sie am Boden fest. Auf allem liegt Schnee.

Es handle sich hier, behauptet die Erzählerin, um eine reine Vorsorgemaßnahme (auf dem Feld der Gesundheit).